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vom raben aus london, wo grad viele Unis besetzt wurden und werden:

ich hab das gefühl, dass mehr nach außen dringen müsste und dass die massenmedien das nicht sehr gut tun (letzteres ist ja auch nicht überraschend). für mich stechen einige sachen heraus, die besonders inspirierend, erschreckend und motivierend sind.

die polizeigewalt. jeder von uns hat dazu eine eigene meinung und ich mag emotionalisierung wirklich nicht, aber es ist schon erstaunlich, wenn polizisten bei einer demo einen rollstuhlfahrer von seinem rollstuhl zerren. danach wird der junge, der kaum reden kann, weil er an starker cerebralparese leidet, auf bbc gefragt, ob er steine auf polizisten geworfen habe oder auf sie „zugerollt“ sei und weitere dinge. aber der junge hats drauf. ich muss weinen und lachen zugleich, wenn ich das sehe: „so you were not wheeling towards the police?“ „well, i can’t physically move my wheelchair.“ dort gibt es auch n video von dem vorfall: http://www.bbc.co.uk/news/uk-11993680
was auch häufig nicht gegenstand der berichterstattung ist, ist dass ein student nach einem schlag mit dem knüppel auf den kopf gehirnblutungen erlitten hat und drei stunden operiert werden musste. oder dass die polizei hier mit pferden in demos reinreitet, an orten, wo man nicht ausweichen kann. die UCL besetzer haben dann auch noch einen boxenden polizisten eingefangen: http://www.youtube.com/user/ucloccupation

die missrepräsentation/der zynismus. mir scheint, dass überall in europa gerade ähnliche strukturen hinterfragt werden: dass repräsentative demokratie so nicht sehr gut funktioniert – zumindest nicht in hinsicht auf tatsächliche repräsentation der wähler. viele leute bei s21 haben gesagt, sie seien einfach nicht gefragt worden. in italien gehen die leute auf die straße, weil ihre angeblichen repräsentanten käuflich sind. in london unterschreiben alle liberaldemokraten vor der wahl eine absichtserklärung, im falle der regierungsbeteiligung gegen erhöhte studiengebühren zu stimmen, und werden davon von vielen gewählt. jetzt drücken sie ein gesetz mit dreimal so hohen studiengebühren durch (auch wenn das am ende anders bezahlt werden soll). zynisch ist dabei das wahlvideo der liberaldemokraten mit dem titel „say goodbye broken promises“ (wo witzigerweise als erstes das labour-versprechen „no student tuition fees“ aufs korn genommen wird, das labour dann gebrochen hat): http://www.youtube.com/watch?v=jTLR8R9JXz4
als zynisch empfinde ich es auch persönlich, dass leute mit ihren steuern politiker bezahlen, die versprechen brechen, leute kaufen und sich gesetze über die wirtschaft durch wirtschaftsvertreter entwerfen lassen (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-12/lobbyismus-politik-deutschland). nun, der link sagt nicht wirklich dinge, die man nicht wissen konnte. erschreckend ist es irgendwie trotzdem, oder?!

die hoffnung. (?) direkte(re) demokratie ist möglich (und die immense energie, die man reinsteckt, hat so unglaublich positive auswirkungen). als wir vor eineinhalb wochen einen raum für „career“-events der lse besetzten, hatten wir zuerst ein drei stunden währendes treffen. auf diesem treffen wurde nichts anderes besprochen, als wie wir zukünftige entscheidungen treffen bzw. darüber abstimmen. irgendwann kam natürlich die prozedurale frage auf, wie wir denn über die frage, wie wir abstimmen, abstimmen würden. wir entschieden also im konsens, darüber mit einfacher mehrheit abzustimmen, um dann für ein konsens-basiertes abstimmen zu wählen, dass nur dann mit zwei/drittel-mehrheiten entscheidungen trifft, wenn keine lösung zwischen zwei opponierenden entscheidungen getroffen werden kann. ich erzähl das nur, um zu zeigen, wie anstrengend das war, aber auch wie befriedigend das im nachhinein ist. obwohl ich gegen die zwei/drittel-mehrheiten war, habe ich mich nach der diskussion und abstimmung sinnvoll und erfüllt (und repräsentiert) gefühlt. es hatte dann auf einmal alles seinen sinn … funnily enough. wir haben dann eine unglaublich intensive woche mit aktionen, abstimmungen, diskussionen und vielen vorlesungsartigen vorträgen gehabt. wir haben stunden und tage miteinander verbracht, immer wieder die selben leute, von angesicht zu angesicht geredet, nicht per mail, facebook, handy etc. wir haben diskutiert und waren ehrlich miteinander. wir haben einander vertraut und uns in gesellschaft der anderen wohl gefühlt.

die praxis. was viele nicht verstehen, ist, was wir eigentlich machen. ein reporter meinte, bei der besetzung wären nur britische studenten und ein anderer fragte, ob wir leute aus unserem exekutiven gremium rausschmeißen würden, wenn sie auf demonstrationen gewalt anwenden würden. es gibt und gab niemals ein exekutives gremium, aber das können sie sich nicht vorstellen. sie können sich auch nicht vorstellen, dass es hier nicht nur darum geht, eine regierung zu stürzen, sondern vorrangig darum, politische strukturen zu verändern. es geht nicht darum zu gewinnen, sondern zu erschaffen, freie räume zu schlagen, wie breschen in den wald.

die solidarität. ich bin ganz, ganz stolz, dass sich meine arrogante philosophiefakultät dazu aufgerafft hat, neben der anthropologie-fakultät, als einzige lse-fakultät eine unterstützungspetition zu senden, die auch auf dem besetzungsblog veröffentlicht wurde. das interessante ist, dass uns solidaritätswünsche von allen seiten zuteil wurden. die u-bahn-gewerkschaft hat selbst einen vertreter geschickt. und als die uni-verwaltung uns rausschmeißen wollte, da hat die lse security gebockt und uns darüber bescheid gesagt! deswegen find ichs auch immer komisch, wenn leute sagen, wir sollten versuchen, uns mit der polizei zu einigen, die hätten schließlich auch eine gewerkschaft – ich hab noch nie gehört, dass die polizei gestreikt hat anstatt auf demonstrationen aufzulaufen.

falls es Euch interessiert, dann kann man n paar sachen (und bilder) bei lseoccupation2010.blogspot.com nachschauen, aber viel beeindruckender ist eigentlich die seite von der UCL besetzung: http://blog.ucloccupation.com/ die waren krass organisiert. von deren youtube-channel dann also noch ein erfreulicheres video zum abschluss: http://www.youtube.com/user/ucloccupation#p/a/f/0/T7eQ73w4EvY („can’t cut this!“ der typ ist der shit.)

Ein Kommentar zu “polizei, demokratie und unibesetzungen

  1. der beitrag wurde von einem freund geschrieben, den niemand kennt, weswegen er auch rabe heißen darf. er studiert in london. es ist seine meinung. ich stimme einem großteil davon zu. er hat gesagt ich darf seine mail gerne hier posten. zu diesem zweck haben wir sie extra nochmal überarbeitet. sorry an den rest dass ich den namen vergessen hab. nach abschicken der mail fiel es mir auch gleich wieder ein :)

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